Sonntag, 11. Dezember 2011

VI

Ngara




























Während es langsam aber sicher auf die Feiertage zugeht, spürt man hier kein bisschen, dass wir mittlerweile Dezember haben und Weihnachten vor der Tür steht.
Die Regenzeit sollte nun langsam auch abklingen, gibt zum Ende hin jedoch noch einmal alles und beschert uns täglich immer wieder aufs neue abartigste Regenergüsse sowie eine plagenartige Anzahl von Heuschrecken, die traditionell gebraten / frittiert gegessen werden.
Der Geschmack selbiger steht meiner Meinung nach nicht im Verhältnis zum Aufwand der zum Fangen, Zerlegen und zubereiten aufgebracht wird, da die Insekten lediglich nach Salz und Fett schmecken.
Stichwort Esskultur.
Bei einem meiner vergangenen Aufenthalte im Nazaretti Center, dem Straßenkinderprojekt in dem Constantin arbeitet, habe ich dann auch erfahren, dass Maulwürfe als eine Art Delikatesse gehandelt werden.
Gegen Nachmittag stand auf einmal ein verschroben wirkender Mann im Hof der an einer Art Leine 4-5 aufgebracht quickende / Halbtote Maulwürfe (die hier wie eine Art Meerschweinchen aussehen) hielt. Nach dem Töten der Tiere durch das Werfen auf den Steinboden, verendeten die Tiere qualvoll unter schreien und zucken und ich sah sie dann später am Tag nur noch als Fleischmatsch  in einem der großen Kochtöpfe um den sich freudig ein paar Kinder reihten, die sich aufs anstehende Festmahl freuten.

Meine Arbeitssituation hat sich ein wenig geändert.
Über andere Freiwillige bin ich  für zwei Tage die Woche bei „Women Craft“ untergekommen, die sich unter anderem um den Erhalt afrikanischer Flechtkunst bemühen und Körbe, Untersetzer, Taschen etc. in Handarbeit herstellen und dann über Partner in der ganzen Welt verkaufen.
Neben Computerunterricht (Basics in Excel, Word, Powerpoint) für einige Angestellte, beschäftige ich mich bis jetzt weitestgehend mit der Wartung der vorhandenen Klapprechner, die sich meistens aus dem Reinigen der Festplatte, dem Aufsetzten von Betriebssystemen sowie dem Updaten der doch teilweise veralteten Systemen besteht.
Da ich jedoch weiterhin mit meiner jetzigen Arbeitssituation unzufrieden bin, plane ich in nächster Zeit in das ca. 40 km entfernte Rulenge umzuziehen, da dort sowohl in einem Krankenhaus sowie in einer von Schwestern geführten Einrichtung Ganztagsstellen mit einem Freiwilligen zu besetzten sind. 
Die Endscheidung, welche zwar noch mit meinem Zuständigen Mentor geregelt werden muss aber ansonsten weitestgehend sicher ist, ist mir nicht leicht gefallen, da ich mich nach knapp zweieinhalb Monaten in Ngara eingelebt habe und mich daher das dörfliche Leben in Rulenge nicht wirklich anzieht.
Allerdings musste ich bei der ganzen Sache auch im Hinterkopf behalten, dass ich eigentlich hier her gekommen bin um zu arbeiten.
Der einzige Vorteil des Umzugs abgesehen von der Arbeitsbeschaffung, ist die Tatsache, dass  ich nicht mehr länger an unseren jetzigen jähzornigen Gastgeber gebunden wäre, der uns erst kürzlich wegen einer Lappalie mit einem Rauswurf gedroht hat und auch ansonsten durch sein Verhalten nichts positives zu einem nachhaltigen guten Verhältnis beiträgt.

Unser erster richtiger Kurzurlaub führte uns vor zwei Wochen nach Kigali, der Hauptstadt Ruandas. Auch wenn wir in Grenznähe wohnen ist der Unterschied zwischen Ruanda und Tansania bzw. zwischen Kigali und einer beliebigen tansanischen Großstadt doch sehr groß.
Ein nicht von der Hand zu weisender westlicher Einfluss ist überall zu spüren.
Man findet Supermärkte nach europäischem/ us amerikanischem Vorbild, Restaurants die westliche Speisen anbieten, Asphaltstraßennetze, Straßenbeleuchtung, nicht verhandelbare Festpreise und Mülltonnen.
Die an jeder Ecke postierten Militärs mit vollautomatischer Waffe im Anschlag sorgen zwar im ersten Augenblick für etwas Unbehagen, gerade nach Einbruch der Dunkelheit jedoch für ein sicheres Gefühl.
Nach mehreren Festessen, einem Poolbesuch, dem Besuch des Völkermordmuseums und der Besichtigung der Stadt war es nach drei Tagen  wieder an der Zeit gen Ngara zu fahren.

Im Moment freuen ich mich auf Weihnachten und unseren Trip nach Dar es Salam/ Sansibar.
Bis dahin