Mittwoch, 28. März 2012

kazikazi



Nach über einem Monat in meiner neuen Arbeitsstelle ist auch hier so etwas wie Alltag eingekehrt. Anfängliche Schockzustände ausgelöst durch Hygienemaßnahmen, Chaos am Arbeitsplatz und Sprachbarrieren sind überwunden und selbst der Anblick von schwerverletzten Patienten büsst beim wiederholten Male einen großen Teil seiner bizarren Attraktivität ein. Das Rulenger „Christ the King“ Hospital ist ca. 10 Gehminuten von unserer WG entfernt und steht unter der katholischen Leitung der FSSB Schwestern.
Das Krankenhaus ist im Vergleich zu europäischen Einrichtungen notdürftig eingerichtet.
Viele Gerätschaften und Möbel sind entweder sehr alt oder können auf Grund von ortsspezifischen Begebenheiten nicht eingesetzt werden. So befindet  sich im Labor beispielsweise ein Abzugskasten, der jedoch nicht eingesetzt werden kann, da es an einem zuverlässigen, lokalen Stromnetz mangelt. Die hygienischen Zustände sind an vielen Stellen nicht ausreichend.
Ärzte und Krankenschwestern tragen selbst bei HIV Tests selten Handschuhe, Kittel und Bettwäsche der Patienten werden per Hand gewaschen und desinfiziert wird mit einem Chlorhaltigen Reinigungsmittel, welches mir bis Dato nur als Toilettenputzmittel bekannt war. Während meines bisherigen Aufenthalts in Tansania habe ich schon viele abartige Sanitäranlagen zu Gesicht bekommen.
Die öffentlichen Latrinenansammlungen des rulenger Hospitals sind jedoch einsamer, trauriger Spitzenreiter. Da es kein Wasser innerhalb der ca. 2qm großen Zellen gibt, sehen sich einige Patienten dazu genötigt ihre Fäkalien an den Innenwänden zu verteilen.
Nach einem einmaligen Besuch dieser verkeimten Lokalität wurde ich von einer Kollegin beinahe ausgeschimpft und daraufhingewiesen in Zukunft bitte die saubere Mitarbeitertoilette zu benutzen. Der Großteil der im Hospital praktizierenden Ärzte sind Allgemeinmediziner, sodass zur Deckung des Spezialistenmangels vorrangig Augenärzte, Gynäkologen und Orthopäden aus den großen Städten abwechselnd ihre Sprechstunden in Rulenge anbieten.


Pflegepersonal ist überhaupt nicht vorhanden, da die Patienten von ihren Familien versorgt werden und somit Krankenschwestern eine verstärkte Rolle als Assistenten der Ärzte wahrnehmen.
Den Großteil meiner Arbeitszeit als Freiwilliger verbringe ich am Schalter der „Medical Reception“. Hier nehme ich neue Patienten auf, Akten werden angelegt/rausgesucht und an den betreffenden Arzt weitergeleitet. Diese Arbeit ist oft etwas mühsam, da die Akten nicht IT gestützt sind, somit alles per Hand geschrieben werden muss, Patienten aus den weiter entfernten Dörfern nur ihre jeweilige Stammessprache sprechen und vor allem tansanische Frauen so leise sprechen, dass man erst nach mehrmaligem Nachfragen, Datensätze wie Name, Alter, Stamm oder Religionszugehörigkeit festhalten kann.
Dazu hinzukommend arbeite ich drei Mal in der Woche mit einer Ärztin zusammen in einer Art „Mutter/Kind“ Klinik.
Das Vertrauen, welches einem hier als „Weißer“ entgegengebracht wird ist mal wieder sehr groß, sodass ich bereits an meinem ersten Tag, ohne jegliche Vorkenntnisse Kinder impfen und Blut auf HIV Erreger untersuchen durfte (mit Handschuhen).
Des Weiteren werden in der Klinik die Kinder gewogen, Daten in deren Akte eingetragen, Vitamiene verabreicht, Blutdruck gemessen, Herztöne abgehört und schwangere Frauen werden über Malaria und HIV aufgeklärt.
Die Arbeit macht Spaß und es war auf jeden Fall der richtige Schritt Ngara zu verlassen auch wenn ich gerade am Wochenende sein „Nachtleben“ vermisse. Außerdem habe ich in Zukunft die Möglichkeit auch in anderen Bereichen des Krankenhauses wie der Pharmazie oder dem Labor zu arbeiten.
Nachdem mich vor kurzem eine Thyphusinfektion für über zwei Wochen flachgelegt hat bin ich mittlerweile wieder gesund und freue mich auf den bevorstehenden Urlaub, welchen ich diese Mal vorrausichtlich nutzen werde um den Norden des Landes und den Kilimanjaro zu erkunden.
Bis dann

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen